Kleine Begeisterungskieckser werden vernehmbar, als der Theaterbus des Regionentheaters die Aare über diese eigenwillige Brücke überquert und ins schweizerische Büren einfährt.
Was für ein niedliches Städtchen, das sich uns da in winterlicher Schneeromantik präsentiert.
Im Sommer, so wird uns erzählt, schwimmen die Leute in der Aare (meist angeblich nur in eine Richtung, obwohl es sich offiziell nicht um einen Einbahnfluß handelt). Auch stelle ich mir einen Aufenthalt im Sommer dahingehend schön vor, dass der Dorfplatz ein schöner Ort wäre, um sich die Sonne auf den Pelz brennen zu lassen und mental auf die Vorstellung einzustimmen. Trotzdem finde ich -wenngleich generell eher der Sommertyp- die weiße Schneedecke bezaubernd und wunderbar.
Das Kellertheater Lindenhof, wo wir am Abend spielen, steht dieser Herzlichkeit in nichts nach. Es handelt sich um einen höhlenartigen und gleichzeitig sehr warmen Raum, in den man über eine nicht ungefährliche, aber charmant-bucklelige Stiege (wie der Schweizer sagt) gelangt. Auf dieser Bühne fühlt man sich willkommen und wohl. Ausserdem tut sie unserem Stück gut, denn die Enge des Raumes läßt die Dimensionen einer herkömmlichen Pariser Wohnung ausgezeichnet im Schauspieler und vor dem Zuschauerauge entstehen, auch wenn ich vor dem Drehen der Bühne etwas Angst habe, weil ich Sorge habe, ich könnte mit meinen 10 Zentimeter hohen Absätzen an der Bühnenkante umknicken, welche unsere Drehbühne beim umdrehen nur knapp verfehlt. Klappt aber am Ende gut.
Wir werden von den Betreibern warmherzig empfangen und bekommen ein hervorragendes Catering. Leider kann ich keine Rösti bestellen, weil wir ein wenig gegen die Uhr essen und die Zubereitung der hausgemachten Rösti geraume Zeit in Anspruch nimmt. Nächstes Mal!
In der gemütlichen und angenehm beheizten Garderobe befindet sich ein Detail, das nicht nur die Hingabe der Schweizer zu ihren Künstlern, sondern auch ihren Humor widerspiegelt. Die Toiletten befinden sich nämlich ausserhalb des Theaters, was einem Künstler mit schwacher Blase während seines Auftritts zu schaffen machte. Seither gibt es in einem Verschlag innerhalb der Garderobe eine Campingtoilette für die Künstler, die folgendermaßen ausgeschildert ist:
Das warten auf den Vorstellungsbeginn vertreibe ich mir mit Experimenten rund um meinen Selfiestick.
Und so geht Sophie Delassère dann um viertel nach acht wohlgestylt auf ihre One-Woman-Geburtstagsfeier:
Im zweiten Akt wirkt sie bereits derangierter, immerhin macht ihr der verpeilte, aber auf seltsame Weise nicht ganz unattraktive Nachbar ganz schön zu schaffen.
Die warme Atmosphäre des Kellertheaters läßt auch die Zuschauer nicht unberührt. Wir haben eine grandiose Stimmung im Raum, ich habe so gerne für diese Menschen gespielt, die uns lange und warmherzig applaudieren und nach der Vorstellung beglückwünschen und spüren lassen, dass auch sie einen gelungenen Abend mit uns hatten. Da geht mir das Herz auf. An diesem Abend lerne ich ein neues Bier kennen, dessen Falsche (mit einem als Kronenkorken getarnten Schraubdeckelverschluss) ich mir neben ein bißchen Schweizer Schogchi als Andenken mitnehme nach Frankreich: Quöllfrisch.
Danke ans Kellertheater Lindenhof, für die schöne Vorstellung, aber auch das Drumherum und Eure tatkräftige Unterstützung beim Abbau.
Uf Widerluaga, Schwiiz – und das meine ich wörtlich!!!